Vom Wesen der Rituale

20. Mai 2021

Im ersten Blog habe ich über die Achtsamkeit geschrieben und versucht einen ersten Einblick in diese weitreichende Thematik zu vermitteln.

In diesem Beitrag geht es um das Thema „Rituale und deren Bedeutung“. Auch hier spielt die Achtsamkeit eine entscheidende Rolle.

Die folgenden Fragestellungen rund um die Bedeutung von Ritualen, dienen als erster Überblick und zeigen auf, wie vielseitig die Anwendung von Ritualen für die Allgemeinheit und speziell für dich sein kann.

  • Was verstehen wir unter Ritualen?
  • Warum wurden und werden Rituale praktiziert?
  • Was ist der Unterschied zwischen Gewohnheit und Ritual?
  • Warum kann ein Ritual bedeutsam für dein eigenes Leben sein?
  • Was ist der Sinn eines Rituals?

Was verstehen wir unter Ritualen?

Im Allgemeinen umschreibt der Begriff „Ritual“ eine ablaufende Handlung, die nach bestimmten und mehr oder weniger fest vorgegebenen Regeln abläuft. Die Handlung kann formell, feierlich und/ oder auch alltäglich ablaufen.

Auf Wikipedia liest man folgenden Text:

„Ein Ritual (von lateinisch ritualis ‚den Ritus betreffend‘, rituell) ist eine nach vorgegebenen Regeln ablaufende, meist formelle und oft feierlich-festliche Handlung mit hohem Symbolgehalt. Sie wird häufig von bestimmten Wortformeln und festgelegten Gesten begleitet und kann religiöser oder weltlicher Art sein (z. B. Gottesdienst, Begrüßung, Hochzeit, Begräbnis, Aufnahmefeier usw.). Ein festgelegtes Zeremoniell (Ordnung) von Ritualen oder rituellen Handlungen bezeichnet man als Ritus. Manche Rituale gelten als Kulturgut.“

So weit, so gut.

Ein einfacher Handschlag wie er in der westlichen Welt zur Begrüßung üblich ist, kann somit im Grunde ebenfalls als Ritual bezeichnet werden. Auch die festen Tagesstrukturen, wie Essenszeiten für Kleinkinder, sind Rituale im weiteren Sinne.

Häufig verbindet man den Begriff „Ritual“ in unserem täglichen Sprachgebrauch jedoch mit einem erhöhten Grad an Aufmerksamkeit zum konkreten Zeitpunkt der Durchführung. Ebenso wichtig erscheint mir persönlich der Grad der emotionalen Anbindung der einzelnen Teilnehmer an den jeweiligen Ritualen.

Frage an dich zur eigenen Bewusstwerdung ritueller Handlungen:

Welche Gefühle lässt du bei deinen eigenen Ritualen miteinfließen und mit welcher Intensität?

Ähnliche Begriffsverwendungen sind Gewohnheiten, Traditionen, Sitten, gesellschaftliche Gepflogenheiten, Bräuche, Lebenskulturen, Konventionen oder auch Regeln. Ihre Bedeutungen unterscheiden sich jedoch in großen Teilen sehr stark voneinander. Größenteils unumstritten ist, dass jede Kultur der Menschheit eigene Riten kannte und teilweise immer noch kennt.

Ich persönlich liebe diese Vielfalt unterschiedlicher Sichtweisen. Jede Sichtweise kann meine eigene Weltanschauung ein Stückchen mehr erweitern, sofern ich offen und tolerant bleibe. Aus meiner Sicht bietet diese Aufzählung daher einen ersten Überblick über die unterschiedlichen Möglichkeiten der Deutungen dieser Begriffsvielfalt. Den Anspruch auf Vollständigkeit genügt sie leider nicht. Hier ist dann eine detailliertere Recherche notwendig.

Warum wurden und werden Rituale praktiziert?

Mensch und Natur bilden aus meiner Sicht eine Einheit, die sich gegenseitig beeinflusst. Beide interagieren miteinander ob bewusst oder unbewusst. Ebenso agieren Menschen untereinander.

Es ist also nicht verwunderlich, dass viele Brauchtumstage und Feiertage, in nahezu allen Kulturen, ihren Ursprung in der Beobachtung von Zyklen in der Natur haben. Der Sonnenzyklus, Mond- und Gezeitenzyklus, Jahreszeiten, Sternenbilder und Planeten boten gute Möglichkeiten zur Beobachtung für unsere Vorfahren. Zyklen der Natur lieferten häufig den Rahmen bei der Entstehung eines Rituales in der menschlichen Welt. Auch heute ist dies häufig noch der Fall.

In der Natur folgt alles dem ewigen „Zyklus von Werden und Vergehen“. Die Orientierung an diesem Zyklus könnte also ein Indiz dafür sein, dass der Mensch seit jeher versucht ein Gefühl von Sicherheit, durch die Beobachtung dieser beständigen Zyklen zu erlangen.

Was ist der Unterschied zwischen Gewohnheit und Ritual?

Ob und wie lange ein Ritual in deinem Bewusstsein verankert bleiben wird, entscheidet häufig der Grad deiner Achtsamkeit und emotionaler Anbindung zum Zeitpunkt der Durchführung des jeweiligen Rituals.

Der Grad an Achtsamkeit, Bewusstheit und Intensivität deiner Gefühle zum Zeitpunkt eines Rituals entscheiden, aus meiner Sicht, über dessen individuelle Auswirkungen auf dein eigenes Leben.

Der Grad an bewusster Achtsamkeit und Bewusstheit, zum Zeitpunkt der Ausübung von Ritualen, scheint mir eine sinnvolle Unterscheidungsmöglichkeit in Bezug auf Gewohnheit und Ritual.

Du siehst, dass Achtsamkeit und Bewusstsein, jeweils wieder Schlüsselbegriffe in Verbindung mit der individuellen Bedeutung von Ritualen darstellen, wenn es um deren Bedeutung für dein Leben geht

Je achtsamer eine bestimmte Handlung vollzogen wird, desto stärker entspricht diese Handlung dem Begriff „Ritual“. Je weniger achtsam eine Handlung vollbracht wird, desto eher würde ich den Begriff „Gewohnheit“ anwenden.

Jeder Mensch nimmt die Welt unterschiedlich wahr und interpretiert Umweltreize im inneren seines Körpers auf seine einzigartige Art und Weise. Es ist unmöglich vorherzusagen, was ein Mensch bei einem Ritual empfinden oder wahrnehmen wird. Es wird deine einzigartige Erfahrung und dein einzigartiges Erlebnis sein.

Aufgrund dieser Einzigartigkeit im individuellen Erleben, versuche ich mit Fragestellungen der Antwort auf die Frage „Warum ist ein Ritual bedeutsam für dich?“ näherzukommen.

Warum kann ein Ritual bedeutsam für dein eigenes Leben sein?

Wenn du magst, prüfe einfach mal für dich selbst, welche Gewohnheiten oder Zyklen dir in deinem Leben ein gewisses Gefühl von Sicherheit geben.

Folge Fragestellungen können dir beim Verständnis rund um die Bedeutung von Ritualen hilfreich sein:

  • Was sind deine täglichen Rituale?
  • Wie bewusst ist eine Angewohnheit, wenn du eine Entscheidung triffst?
  • Wie bewusst setzt du Entscheidung in eine bewusst gesteuerte und gezielte Handlung um?
  • Ist jedes Ritual bedeutsam für dich? Warum bleiben dir manche Rituale länger in Erinnerung?
  • Bist du fokussiert auf den „einen Augenblick“. Genau im Hier und Jetzt? Mit allen Sinnen anwesend in diesem einen Moment?
  • Hast du dir selbst eine verbindliche Absichtserklärung im Vorfeld eines Rituals gegeben?
  • Wie stark ist deine Willenskraft für eine Entscheidung oder Veränderung?
  • Reicht deine Willenskraft aus, um mögliche Ängste zu überwinden?
  • Bist du dir bewusst, dass durch den Willen, den Mut oder die Liebe etwas Neues entstehen und geschaffen werden kann?

Bedenke stets, dass ein Ritual deinen Verstand zur Ruhe bringen kann und dein Herz für etwas Neues zu öffnen vermag.

Viel Freude dabei und spüre in dich hinein.

Was ist der Sinn eines Rituals?

Die Antworten, auf die oben aufgezählten Fragestellung, liefern dir bereits deine erste eigene Unterscheidung zwischen einfacher Gewohnheit oder einem machtvollen Ritual, falls du eine bewusste Veränderung einleiten willst.

Ein Ritual, welches deinen weiteren Lebensweg maßgeblich beeinflussen kann.

Aus diesem Grund sind in vielen Kulturen Initiationsriten beim Übergang von jugendlichen Menschen zu volljährigen Frauen und Männern eingeführt worden. Rituale dieser Art symbolisieren eine ganz bewusste Wahrnehmung im Rahmen des physischen Übergangs vom „Teenager zum Erwachsenen“. Eine neue Etappe im Leben eines Menschen beginnt.

Im diesem neuen Lebensabschnitt gelten möglicherweise neue Regeln, neue Verantwortungsbereiche, neue Aufgaben und Herausforderungen oder neue Privilegien. Mitunter soll auch ein neues Bewusstsein bei den Ritualteilnehmern geschaffen werden.

Das Ziel einer rituellen Handlung macht den Unterschied in Bezug auf die Einteilung von „Gut und Schlecht“. Die Frage ob Rituale gut oder schlecht bzw. sinnvoll oder nicht sinnvoll sind, lässt sich nur kontextbezogen klären.

Meine ergänzende Frage wäre an dieser Stelle:

Inwieweit spielen Gleichwertigkeit und „der Freie Wille“ eine Rolle in der Kultur dieser Menschen?

Aus Sicht der Evolutionsforschung, sind einige Forscher der Meinung, dass Rituale vor allem ein Ziel verfolgen. Rituale sollen den Menschen Sicherheit vermitteln und Struktur im Leben bieten.

Durch diese Ordnung, einer mehr oder weniger chaotisch empfundenen Umwelt, lässt sich eine gewisse Wahrnehmung von Sicherheit erschaffen. Diese Sicherheit konnte und kann somit das Überleben einer Spezies sicherstellen.

Somit wären rituelle Handlungen ein fester Bestandteil einer Kultur und Gesellschaft, damit die Chance auf Überleben gesichert werden kann. Das Motiv für Rituale entspricht in diesem Erklärungsansatz dem Gefühl der Angst.

Prüfe für dich Selbst, inwieweit du mit dieser These übereinstimmst.

Vielleicht kann ich dir zusätzlich eine Perspektive anbieten. Dieses Motiv entspricht eher der Liebe.

Um dir meine Sichtweise auf die Bedeutung von Ritualen beschreiben zu können, habe ich eine kurze Geschichte aus meinem Leben aufgeschrieben. Sie bietet eine praktische Auseinandersetzung mit der umfassenden Bedeutung von Ritualen und welche Rolle sie in unserem alltäglichen Leben einnehmen können.

Sagen wir lieber welche Bedeutung Rituale für dein Leben haben können, wenn du sie mit vollem Bewusstsein und ganzem Herzen durchführst.

Die Geschichte vom Schnullerbaum

Diese Geschichte beschreibt eine Handlung von Kleinkindern, die bewusst eine neue Etappe ihres Lebens einleiten werden.

Ich habe das Glück in unmittelbarer Nähe zu einem großen Park zu wohnen. Dieser Park befindet sich direkt an den Ruhrwiesen in Oberhausen. Ähnlich den windenden Bewegungen einer großen Schlange, fließt die Ruhr in diesem Bereich durch die Landschaft und bildet eine Art Auenlandschaft mit saftigen Wiesen und Feldern.

Einige Bahntrassen, ein Ausblick auf „rauchende Industrietürme“ in weiter Ferne, ein großes Windrad mittendrin und eine idyllische Auenlandschaft, bilden hier eine angenehme und auch hoffnungsvolle Kulisse. Die Industrie und Natur zeigen hier eine mögliche Koexistenz in einer wunderbaren Art und Weise auf. Natur und Industrie können hier nebeneinander agieren, ohne sich auszuschließen. Ein kleines Wunder, wenn ihr mich fragt.

So ist es nicht verwunderlich, dass jeden Tag etliche Menschen auf und an den Ruhrwiesen und im Park spazieren gehen. Ebenso sind grüne Trampelpfade angelegt. Ein hoher wiesenbedeckter Deich bietet die Möglichkeit in die Ferne des Ruhrgebietes zu schauen. Gegen Abend bietet sich die Möglichkeit einen Blick auf einen wunderschönen Sonnenuntergang zu erlangen. Magische Augenblicke, wenn ihr mich fragt. Auf der einen Seite der Ruhr können Menschen flanieren und spazieren gehen. Die gegenüberliegende Seite der Ruhrwiesen ist als Naturschutzgebiet ausgewiesen und den dort lebenden Tieren allein vorbehalten.

Wildgänse, Schwäne, Reiher, Enten und Kormorane sind ganzjährig auf und an den Ruhrwiesen vertreten. Raben, Krähen, Eichelhäher, Bussarde und Grau- und Silberreiher sind ebenfalls sehr zahlreich. Füchse, Kaninchen, Hasen, Rinder, Schafe auf der Weide und die quirligen Eichhörnchen auf Bäumen und Wiesen ergänzen die Lebendigkeit der Landschaft mit sehr viel Bewegung und Aktivität. Zahlreiche Singvögel kündigen in der Dämmerung mit ihrem Gezwitscher den Tag – und Nachtwechsel ausgiebig an. Ich persönlich vermute, die Vögel freuen sich über die jeweiligen Wechsel und dem damit verbundenen Neubeginn von Tag und Nacht.

Die Sonne, der Fluß, die weiten Wiesen, die Weiden & Äcker, die Sumpfgebiete und die verschiedenen Baumarten bieten eine perfekte Grundlage für Mensch und Tier sich gleichermaßen wohlzufühlen und dort in Harmonie zu leben.

Ah, herrlich, eine Landschaft im Ruhrgebiet zum Träumen und Genießen. Bevor ich jedoch weiter abschweife, zurück zum eigentlichen Thema.

Nachdem alle Fitnessstudios in Deutschland, aufgrund der Corona Thematik am 17.03.2020, leider schließen mussten, hatte ich beschlossen erneut mit dem Joggen anzufangen. Der Ruhrpark liegt schließlich bei mir um die Ecke. Rausgehen, Loslaufen, Fertig.

Eigentlich ist diese Variante der körperlichen Bewegung nicht meine erste Wahl. Das Schwimmen wäre perfekt, aber die Schwimmbäder sind ebenfalls zeitgleich geschlossen worden. Die Seen und Flüsse in Deutschland waren noch zu kalt, um darin zu schwimmen. Ok, mein Neoprenanzug hätte hier sicherlich seine Dienste getan…egal.

Naja, es waren zwar Luxusprobleme im Vergleich zum übrigen Weltgeschehen, trotzdem waren sie für mich von hoher Bedeutung. Ich machte also das Beste daraus und kombinierte ausgewählte körperliche Kraftübungen wie Liegestütze, Planks, Kniebeugen, Klimmzügen an Bäumen mit Laufsport.

Körperliche Fitness ist aus meiner Sicht eine prima Basis für die eigene Gesundheit. Übrigens auch für jedwede mentale Arbeits- und Denkprozesse.

Müll im Park

Während ich in den kommenden Tagen also fleißig meine Übungen im Freien absolvierte fiel mir auf, dass immer mal wieder Müll im Park herumlag. Eigentlich waren ausreichend Mülleimer neben den Bänken platziert. Das Wegwerfen von Umverpackungen und Resten, dürfte somit eigentlich kein Problem darstellen.

In den ersten Tagen ärgerte ich mich darüber auf, dass Menschen so ignorant sein können. Genauso fraglich ist die Thematik, dass Hundekot in Plastikbeutel verpackt werden muß? Warum schafft man hier als Vorgabe nicht saubere nachhaltig sinnvolle Lösung?

Diese Gedankengänge ohne Handlung bringen meistens Niemanden weiter. Aus diesem Grund begann ich also den Müll, den ich beim Joggen sah, aufzuheben und sofort in den nächsten Mülleimer wegzuwerfen.

Dieses Vorgehen brachte mehrere Vorteile mit sich. Zum einen fühlte ich mich besser, da ich mich nicht mehr aufregte und somit in meiner entspannten Mitte blieb. Gleichzeitig tat ich aber auch etwas Gutes für die Umwelt, quasi etwas Sinnvolles für den Umweltschutz „direkt vor meiner Haustüre“.

Und noch etwas fiel mir auf. Ich bemerkte, wie andere Menschen begannen mein Verhalten in Bezug auf das Aufheben des Mülls „kopierten“ und mitmachten.

Mitmachen ist ein Miteinander auf Augenhöhe im gemeinsamen Verständnis für eine bessere Welt. In diesem Fall erstmal direkt „vor unserer eigenen Haustüre“, es beginnt halt alles mit uns selbst. Insgesamt war es ein positives Gefühl, dass sich in mir ausbreitete.

Der eine Morgen

Eines Morgens, als ich wieder joggen war und etwas Müll aufhob, fand ich einen vermoderten Ast am Boden. Der Ast lag unter einem Gebüsch in der Nähe des kleinen Feucht- Biotops, welches inmitten des Ruhrparks gelegen ist. Etwas war seltsam an diesem Ast. Ich schaute genauer hin und da bemerkte ich es.

Zwei „Baby- Schnuller“ hingen an diesem Ast. Grünspan und Moos wuchsen bereits auf den beiden Schnullern.

Sofort hatte ich Gedankenkino und fragte mich, wie die zwei wohl hier gelandet sind und philosophierte über deren mögliche Herkunft. Jedoch nur kurz, denn es war ja offensichtlich Müll und der gehört in die Tonne.

Ich lief, auf den Weg zurück. Schnurstracks auf eine Mülltonne zu, stand vor ihr, öffnete meine rechte Hand und wollte die gerade Schnuller loslassen. Doch dann geschah etwas.

Mir fiel ein Baum in ein paar Meter Entfernung auf und plötzlich hatte ich ein Bild vor Augen, das ich schon fast vergessen hatte. Der Baum erinnerte mich an einen alten Brauch der im Ruhrpark, seit ich denken kann, praktiziert wird.

Beim Anblick dieses Baumes fiel mir, wie aus heiterem Himmel, der tiefere Sinn dieser beiden vermeintlichen „Müll -Schnuller“ in meiner geöffneten Hand wieder ein. Es war der gute „alte Schnullerbaum“ des Ruhrparks. Ich bin in den letzten Wochen oft vorbeigelaufen, ohne ihn bewusst wahrzunehmen.

Der Schnullerbaum ist ein Baum, an dem Kleinkinder mithilfe der Eltern und weiteren Verwandten ihren Lieblingsschnuller aufhängen können. Diese bewusste Übergabe des Schnullers, symbolisiert den Übergang vom Baby zum Kleinkind. Ein sehr wichtiges Ritual für das Kind und wahrscheinlich auch für die Eltern. Es ist ein Ritual, um eine Veränderung bewusst einzuleiten. Man könnte auch sagen, dass ein äußeres und inneres Wachstum eigenständig bekräftigt wird. Mit neuem Mut und starkem Willen bereit zu sein, sich bewusst zu verändern und mental zu wachsen.

Im Fall des Schnullerbaums, bedeutet dieser Schritt aus Sicht eines Erwachsenen vielleicht nur, dass „die Pampers und die Milchflasche“ beiseitegelegt wird. Für ein Kleinkind ist dieses Ritual ein gigantischer Schritt in seiner Entwicklung. Einen Schritt in Richtung eines anderen Bewusstseinszustands. Schnuller weg, Kleinkind sein.

Was für ein mutiger Schritt, den Kinder oft mit einem strahlenden Lächeln vom „linken bis zum rechten Ohr“ begehen.

Mit dieser neuen Erkenntnis brachte ich es nicht mehr übers Herz diese beiden „besonderen Schnuller“ in den Müll zu werfen. Dazu hatte ich kein Recht. Ich schloss also meine Hand und lief zielstrebig auf den Schnullerbaum zu. Dort angelangt, nahm einen der neonfarbenen Schnüre, die zahlreich an seinen Ästen hingen und knotete die beiden „Nuckis“ erneut am Baum fest.

Innerlich spürte ich währenddessen eine große Freude und Wärme in mir. Diese Handlung fühlte sich für mich stimmig und richtig an.

Ich lächelte und betrachtete die übrigen Schnuller, die zahlreich an den Ästen des Baumes befestigt waren. Es mussten Hunderte sein. In allen Farbvarianten hingen und schaukelten sie im Spiel des Windes. Bei näherer Betrachtung fielen mir die verschiedenen Formen und Muster auf. Es offenbarten sich diverse Symbole und facettenreiche Farben. Tiermotive waren sehr zahlreich abgebildet. Von süßen Elefanten bis hin zur „frechen Maus“ schien jedes Tier vertreten.

Die Botschaft des Baumes

Ich schmunzelte und betrachtete meine beiden gefundenen Schnuller. Ich glaube es waren ursprünglich Schildkröten- und Hasenmotive abgebildet. Irgendwie ein cooler Mix, mal schnell, mal langsam, so wie das eigene Leben verlaufen kann.

Ich schaute nach unten zum Fuße des Baums. Dort befand sich eine Steintafel im Boden fest verankert. Die Steintafel enthielt folgende Inschrift:

„Der Schnullerbaum übernimmt deinen Schnuller und passt darauf auf!“

Was für eine kraftvolle Bedeutung diesem Satz innewohnt. Für mich klingt die Botschaft wie folgt:

„Lass los. Ich übernehme die Verantwortung und passe für dich auf deinen besten Freund auf“. „Dem Schnuller passiert nichts. Geh mutig deinen weiteren Entwicklungsweg einfach voran und Sorge dich nicht um das was du hinter dir lässt.“

Mehr Sicherheit und Bestärkung für das Loslassen eines alten Lebensabschnitts kann ich einem Kind im Grunde nicht geben oder?  

Ich fühlte mich super und verabschiedete mich von dem Baum mit einem Lächeln im Gesicht. Schließlich wollte ich ja ursprünglich Sport treiben und hatte noch Liegestütze auf dem Programm. Ich hob meinen Kopf und lief ein paar Meter in Richtung des Weges zurück.

Kennt ihr dieses eigenartige Gefühl beobachtet zu werden? So fühlte ich mich plötzlich. Es ruhten Blicke auf mir. Jemand lachte laut auf und schien höchst amüsiert.

Ich lief weiter und schaute auf die Parkbank ca. 15 Meter von mir entfernt. Ich errötete leicht, denn das Lachen kam von zwei Frauen. Sie hatten es sich auf dieser Bank gemütlich gemacht und schauten mich vergnügt an. Ein kleines Picknick war vor ihnen ausgebreitet. Es gab duftenden Kaffee und einen köstlich aussehenden Apfelkuchen.

Ich hatte sie vorher nicht wahrgenommen, da ich zu tief mit dem Ritual am Baum beschäftigt war. Ich kam näher heran, leider zwangsläufig, weil mein Weg an ihnen vorbeiführte. Auf etwa gleicher Höhe, als ich mutig an ihnen vorbeilief, grüßte ich freundlich. Sie grüßten lächelnd zurück.

Beide grinsten mich breit an und eine der Frauen fragte mich süffisant: „Na, hast du es nun endlich geschafft loszulassen?“

Ich schaute sie an und musste herzhaft lachen, weil mir jetzt erst bewusst geworden war, wie das Befestigen der beiden Schnuller auf außenstehende Menschen gewirkt haben musste.

Ich antworte mit einem Augenzwinkern: „Ja, ich habe es endlich geschafft. Mit schwerem Herzen, auch wenn es etwas länger gedauert hat. Aber dafür habe ich gleich zwei Schnuller auf einmal loslassen können.“ Ich grinste breit.

Daraufhin lachten die Frauen erneut und riefen mir zu, ich solle nicht zu erwachsen werden. Dieses Versprechen konnte ich ihnen aus vollem Herzen geben.

Wir verabschiedeten uns und wünschten uns gegenseitig einen wundervollen restlichen Tag. Ich lief ich zum Sandkasten weiter und spürte den Sand zwischen meinen Händen, während ich meine Liegestütze machte.

Zu Hause angekommen dachte ich immer noch über die Bedeutung von Ritualen nach und begann diese Geschichte zu schreiben.

Was für ein mächtiges Ritual, dieses einfache Aufhängen des Schnullers bei genauerer Betrachtung darstellt.

Ein kleines Fazit der Geschichte

Ich frage mich, warum wir als Erwachsene teilweise enorme Probleme beim Loslassen alter Denk- oder Verhaltensmuster haben. Ist es die Macht der Gewohnheit, die uns daran hindert?

Warum haben wir Angst vor der Veränderung? Angst vor etwas Neuem?

Ich habe auf meinen Reisen durch die Welt und in den von mir besuchten zahlreichen Seminaren bereits erleben dürfen, was rituelle Handlungen bewirken können. Was für eine Macht in diesen bewussten Absichtserklärungen im Rahmen einer höchst achtsamen Handlung liegt. Es ist mystisch, fast magisch und wundervoll zugleich.

Manche Menschen fühlen und erleben während und nach der Durchführung eine bislang nie dagewesene Kraft. Mir hat die Kraft aus den Ritualen, definitiv geholfen, meinen Geist noch weiter zu öffnen und mein Licht im Herzen zu finden. Ein neuer Zustand des eigenen Bewusstseins.

Einen Zustand den schon „der kleine Prinz“ eindrucksvoll beschrieb: „Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche bleibt für die Augen unsichtbar.“

Ich empfinde eine tiefe Dankbarkeit für diese wertvollen Erfahrungen in meinem bisherigen Leben. Diese Erfahrungen bei der Durchführung von Ritualen, muß jeder Mensch eigenständig erleben. Andernfalls wird sich das Wunder und die Magie, die dieser intensiven Bewusstseinsveränderung innewohnt, sich nicht entfalten können.

Des Weiteren verläuft der Prozess der Veränderung eines menschlichen Bewusstseinszustandes bei jedem Menschen höchst individuell ab. Jeder Weg ist einzigartig, gleichwertig und hat seine Berechtigung. Alles darf passieren im Rahmen dieser Entwicklung und auf deiner Reise durch dieses Leben.

Ich kann aus den oben genannten Gründen den Ablauf deiner eigenen Bewusstseinsveränderung nicht detailliert beschreiben, aber ich kann euch ein Versprechen geben. Es lautet wie folgt:

Begeht ihr diesen neuen „Weg des inneren Wachstums“ und folgt euren „Spuren im Herzen“, so werdet ihr Wunder erleben und einen Zustand des Glücks fühlen, wie ihr ihn euch vorher nicht hättet erträumen können…und am Ende wartet etwas wundervolles Neues auf euch.

Bist du bereit neue Wunder zu erleben?

In Liebe verfasst Karsten Janßen

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